SKIZZEN
Die Zeiten sind vorbei, in denen unsere Fahrtenbücher mit Tankstellenbelegen, Streckenverläufen, Kilometerangaben, Zuckerwürfelpapierchen und Weinflaschenetiketten gestaltet wurden: Jenseits von Zahlenanganen und fremden Labeln bin ich dazu übergegangen, meine Notizen über Erlebnisse selbst ohne fremdes Design zu dokumentieren.
Die Wanderroute habe ich zwar vorbereitet, vor Ort beschäftigt mich aber die Suche nach einem Schlafplatz, nach einem Laden für Proviant, nach einem Campingplatz mit Waschmaschine oder nach einem Internet-Café. Für Zeichnungen bleibt daher meistens nicht viel Zeit, ich zeichne und schreibe in Wanderpausen – wortwörtlich „im Vorbeigehen“. Die Zeichnungen entstehen meistens vor dem Zelt sitzend oder liegend, quasi „mit der Ameise auf Augenhöhe“, das Zeichenbuch auf den Knien, seltener bei einem Espresso oder einem Glas Pinot Grigio in einem Bistro. Da wenig Zeit bleibt für die Zeichnungen, haben sie unterschiedliche Stadien von Unfertigkeit. Gelegentlich entstehen Skizzen auch zufällig, weil z.B. Buchstaben auf dem Einkaufszettel, von Regentropfen getroffen, auf dem Papier aquarellartig verlaufen.
Die Skizzen in meinen Wandertagebüchern zeichnen sich meistens durch eine sparsame Verwendung von Zeichenutensilien aus. Im Rucksack ist neben dem Zelt und der Isomatte selten mehr Platz als für zwei Bleistifte, fine-liner, eine zufällige Sammlung von Farbstiften und für ein Zeichenbuch im Format DIN A5.
Anders als in meinen Wandertagebüchern entstehen die Zeichnungen und Texte im Urlaub meistens mit viel Muße und reichlich Zeit, bei gutem Wetter am Strand oder im Café, bei einem „greek coffee“ oder einem Glas Retsina, gelegentlich auch unterbrochen durch eine Siesta und ein Kapitel in einem Krimi. Auch wenn das Reisegepäck auf etwa 20 Kilo begrenzt ist, sind immer mindestens 32 Farbstifte, Aquarellstifte und fine-liner im Koffer.
Ich sammle Strandgut auf und zeichne in der Strandbaude, im Schatten von Tamarisken. Immer wieder geht mein Blick über das sich ständig wechselnde Wasser, auf die schroffen Felsen an der Südküste von Kreta oder über die flirrenden Sommerwiesen. Gelegentlich zeichne ich auch aus der Erinnerung, wobei es nicht um fotografische Detailtreue geht. In engerem Sinne kann man nicht mehr von „Skizzen“ sprechen, weil die Zeichnungen nicht unfertig bleiben.
Der Katalog (Format 21 x 21cm, 82 Seiten) enthält eine Auswahl von Skizzen aus den Jahren 2006 bis 2019, gedruckt bei Cewe, Layout und Grafik: H.D. 2021
Die Grafiken entstanden 2018 als Projekt für das Buch
„Buchstaben und andere Ungereimtheiten“.
Die 42 Originale (hier eine Auswahl), Bleistiftzeichnungen (DIN A 5, quer) sind jeweils einer Kurzgeschichte zugeordnet, sie tragen deshalb keinen eigenen Titel.